Aktuelles zum Fracking

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Die kontroverse Diskussion über den Einsatz und die Reglementierung der sog. „Fracking“-Technologie (kurz für „Hydraulic Fracturing“) in Deutschland, also die Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten in unterirdischen Gesteinsschichten (meist Schiefer- oder Kohleflözlagerstätten) durch das Aufbrechen des Gesteins zur Freisetzung des Gases durch das Verpressen von Flüssigkeit unter großem Druck, dauert an.

Nach einem gemeinsamen Eckpunktepapier des Wirtschafts- und Energieministerums und des Umweltministeriums von Juli 2014 sollte Fracking oberhalb einer Bohrtiefe von 3.000 Metern generell untersagt werden und bis auf weiteres nur zu Forschungszwecken erfolgen. Um Erfahrungswerte über die Auswirkungen auf Umwelt und Untergrund sammeln zu können, sollen wissenschaftlich begleitete Erprobungsmaßnahmen möglich sein. Voraussetzung ist, dass die verwendete Frackingflüssigkeit nicht das Grundwasser gefährdet. Ob eine generelle Verbotsregelung angemessen ist, soll dann im Jahr 2021 auf Grundlage der gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse überprüft werden. Fracking zur Förderung von Schiefer- und Kohleflözgas zu wirtschaftlichen Zwecken soll es auf absehbare Zeit in Deutschland nicht geben.

Ob die Bundesregierung diese Bekundungen einhält, wird sich in Kürze zeigen. Zurzeit wird auf Bundesebene ein entsprechender Gesetzentwurf diskutiert, der weitergehende Vorgaben enthalten soll. Dem Vernehmen nach gibt es aktuell dahingehende Bestrebungen, dass zukünftig schwach wassergefährdende Frackflüssigkeiten eingesetzt werden dürften. Weiter umstritten sei zudem der Umgang mit dem verunreinigten Lagerstättenwasser („Flowback“). Die unterirdische Verpressung von unbehandeltem Lagerstättenwasser soll wegen der ungeklärten Gefahren ausgeschlossen werden. Zudem soll jedoch die Offenlegung der Additive zur Frackingflüssigkeit vorgeschrieben werden, sodass sich die Frage der Gefährlichkeit der verwendeten Flüssigkeit jedenfalls prüfen lässt.

Hintergrund

Während die Umweltverträglichkeit des Frackings umstritten ist, liegt der klima- und v.a. wirtschaftspolitische Reiz der heimischen Gasgewinnung ohne Abhängigkeit von bestimmten Gaslieferanten aus dem Ausland bei gleichzeitig zu stemmender Energiewende auf der Hand. Am Beispiel der USA lassen sich Vor- und Nachteile der Nutzung der Fracking-Technlogie ablesen. Die Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag klar im Hinblick auf die Gefahren des Frackings positioniert: Der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit soll absoluten Vorrang genießen. Verschiedene Konzerne haben bereits entsprechende Aufsuchungserlaubnisse beantragt bzw. weitere Anträge angekündigt.

Neben zahlreichen Presseberichten hat zuletzt eine ganzseitige Anzeige eines US-amerikanischen Großkonzerns in verschiedenen deutschen Tageszeitungen Aufsehen erregt, mit dem der Konzern die Leser mit den Worten „Lassen Sie uns über Fracking reden“ offenbar zum Dialog einladen will. Es wird damit geworben, dass das Fracking aufgrund der Zusammensetzung der zu verpressenden Frackflüssigkeit ungefährlich sei. So sollen „nur noch zwei ungiftige und zudem biologisch leicht abbaubare Zusätze zum Einsatz kommen“. Umweltverbände kritisieren diese Bekundungen als nicht weitgehend genug, da damit die Diskussion über die Gefahren des Frackings verkürzt werden. Selbst für den Fall, dass die injizierten Flüssigkeiten ungefährlich wären, sei keine Ungefährlichkeit der ggf. freigesetzten Substanzen zu garantieren.

Maßgebliche Rechtsquellen

Grundsätzlich sind für die Zulassung von Fracking-Vorhaben v.a. zwei Rechtsregime maßgeblich: Zum einen das Bergrecht, das v.a. im Bundesberggesetz geregelt ist, zum anderen das Wasser- bzw. Gewässerschutzrecht, dessen Regelungen sich v.a. im Wasserhaushaltsgesetz finden. Hinzu kommen ggf. spezielle Vorgaben durch die in das bergrechtliche Zulassungsverfahren integrierte Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe der Verordnung für Umweltverträglichkeitsprüfungen bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau). Die Genehmigung von Fracking-Vorhaben liegt letztlich jedoch in der alleinigen Zuständigkeit der Bundesländer und ihrer zuständigen Landesbehörden.

Das bergrechtliche Verfahren lässt sich grob in folgende zwei Schritte unterteilen: Zunächst muss die Erteilung einer Aufsuchungserlaubnis beantragt werden (gebundene Entscheidung), soweit erforderlich die Genehmigung einer bergrechtlichen Erkundung und ggf. daran anschließend dann die Bewilligung der Aufsuchung (Berechtigung zur exklusiven Ausbeutung eines bestimmten Feldes [„Claim“]). Erst in einem zweiten Schritt wird die eigentliche Genehmigung der tatsächlichen Aufsuchung und Gewinnung beantragt, für die ein gestuftes bergrechtliches Betriebsplanverfahren vorgesehen ist. Dieses unterteilt sich in einen Rahmenbetriebsplan, in dessen Rahmen dann auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen wäre, und sodann weitere Einzelpläne (Haupt-, Sonder- oder Abschlussbetriebsplan) zu den einzelnen Schritten der Rohstoffausbeutung. Der Rahmenbetriebsplan wird in einem Planfeststellungverfahren, einem bestimmten Schritten folgenden Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und unter bestimmten Voraussetzungen auch in einer Umweltverträglichkeitsprüfung erstellt. Zuständig sind die Landesbergämter, die ihrerseits ggf. weitere betroffene Behörden zu beteiligen haben.

Soweit eine Gewässerbenutzung stattfindet oder sonst eine Verschlechterung der Wasserqualität zu befürchten ist, kommt ein wasserrechtliches Erlaubnisverfahren hinzu, für das vom Bergamt das Einvernehmen der zuständigen Wasserbehörde einzuholen ist. Die Frage, ob eine solche Maßnahme vorliegt, wird jedoch nach geltendem Recht von der Bergbehörde beurteilt, sodass auch die Beteiligung der Wasserbehörde vom Bergamt bewertet wird.

Als Gesetzesänderungen sind Anpassungen im Wasserhaushaltsgesetz vorgesehen, die das Fracking generell als wasserrechtlichen Benutzungstatbestand erfassen, dessen Genehmigung dann der Zustimmung der zuständigen Wasserbehörde bedarf. Entsprechendes soll für die untertägige Verbringung von Lagerstättenwasser gelten. Fracking oberhalb von 3.000 Metern würden im WHG verboten werden, ebenso die Verwendung wassergefährdender Stoffe.

In der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau) soll zukünftig für die Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas die zwingende Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung explizit vorgeschrieben werden, um die Bewertung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen bei der bergrechtlichen Zulassung aller Fracking-Vorhaben erfolgen zu lassen. Zudem sollen in der Allgemeinen Bundesbergverordnung Spezialregelungen zur Bohrlochintegrität, zur Überwachung von Rückfluss und Lagerstättenwasser, zur Erdbebenwirkung von Fracking und zum Umgang mit Lagerstättenwasser nach dem Stand der Technik aufgenommen werden.

Die Beweislast für sogenannte „Bergschäden“, also Schäden die von Fracking-Maßnahmen bzw. Tiefbohrungen herrühren können, soll bei den Betreibern liegen. Ferner ist die Erstellung eines umfassenden Ausgangszustandsberichts für die Sicherstellung ordnungsgemäßer Nachsorge nach Beendigung der Gewinnungsaktivitäten sowie Grund- und Oberflächenwassermonitoring und weitgehende Berichtspflichten vorgesehen.

Um zum Zwecke der Aufsuchung ein fremdes Grundstück zu betreten, ist grundsätzlich die Zustimmung des Grundeigentümers oder der sonstigen Nutzungsberechtigten einzuholen. Wird diese Zustimmung versagt, kann sie aber durch eine Entscheidung der Bergbehörde ersetzt werden, wenn öffentliche Interessen die Aufsuchung erfordern.

Konventionelles Fracking

Während für das „unkonventionelle Fracking“ aus Schiefer- und Kohleflözgestein hierzulande noch keine Erfahrungen und Kenntnisse in Deutschland vorliegen, ist das sogenannte „konventionelle Fracking“ zur Erdgasgewinnung aus Sandstein (meist in größerer Tiefe) bereits langjährig erprobt.

Konventionelles Fracking („Tight Gas“-Gewinnung) ist bereits grundsätzlich erlaubnisfähig und in Deutschland auch bereits durchgeführt worden. Es darf jedoch nicht in der Umgebung von öffentlichen Wasserentnahmestellen und Produktionsstandorten von Lebensmitteln erfolgen, wenn eine Schädigung des Grundwassers nicht ausgeschlossen werden kann. Zudem sind die verantwortlichen Unternehmen dazu verpflichtet, die verwendeten Substanzen offenzulegen.

Auch diese Regelungen sollen nun möglicherweise weiter verschärft werden, indem in Wasserschutzgebieten, Heilschutzquellen, Einzugsgebieten von Talsperren und Seen, die unmittelbar zur Trinkwassergewinnung dienen, sowie Naturschutzgebieten Fracking jeglicher Art untersagt wird. Zudem soll das Verbot auf Trinkwasserschutzgebiete ausgeweitet werden können.

Fazit

Welche Vorgaben der (Bundes-)Gesetzgeber treffen will, wird sich in Kürze zeigen. Aus umweltrechtlicher Sicht wäre es jedenfalls wünschenswert, eine zwingende Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des bergrechtlichen Betriebsplanverfahrens und aufgrund der potenziellen Gewässergefährdung in fachlicher Hinsicht auch die obligatorische Beteiligung der Wasserbehörde vorzuschreiben. Die letzte Entscheidung liegt bei den Ländern und ihren zuständigen Landesbehörden. Auf dieser Ebene ist auch ein weitgehender Ausschluss derartiger Projekte denkbar. Schließlich wird auch die Öffentlichkeitsbeteiligung von erheblicher Bedeutung sein, wenn es um die Planfeststellung geht. Die Weichen für die Projekte werden jedoch bereits jetzt gestellt, indem die rechtlichen Rahmenvorgaben getroffen werden. Es sind bereits zahlreiche Anträge zur Erteilung bergrechtlicher Aufsuchungserlaubnisse gestellt und auch beschieden worden. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.



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