„Der Gang nach Karlsruhe“ – Leitfaden Verfassungsbeschwerde (Teil 2)

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Fortsetzung des Rechtstipps

„Der Gang nach Karlsruhe“ – Leitfaden Verfassungsbeschwerde (Teil 1).

(Wir empfehlen die zusätzliche Lektüre des o.g. Rechtstipps).

Will man eine Verfassungsbeschwerde erheben, sind weitergehend eine Reihe von Voraussetzungen zu beachten.

Beschwerdefrist

Unbedingt zu beachten ist die Beschwerdefrist. Die Beschwerdefrist für eine Verfassungsbeschwerde richtet sich danach, ob gegen eine Gerichtsentscheidung oder ein Gesetz oder einen Hoheitsakt vorgegangen werden soll. Gegen letztinstanzliche Entscheidungen ist binnen eines Monats Beschwerde einzureichen, gegen ein Gesetz binnen eines Jahres nach Inkrafttreten.

Wenn eine Verfassungsbeschwerde in Erwägung gezogen wird, ist es ratsam, schnellstmöglich einen Rechtsanwalt mit der Prüfung und Bestimmung der Frist beauftragen, um sicherzugehen das ausreichend Zeit bleibt. Nach Ablauf der Frist ist eine Verfassungsbeschwerde unzulässig.

Die Frist beginnt (bei einer nachteiligen Gerichtsentscheidung) mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung, wenn diese nach den maßgebenden verfahrensrechtlichen Vorschriften von Amts wegen vorzunehmen ist. In anderen Fällen beginnt die Frist schon mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht zu verkünden ist, mit ihrer sonstigen Bekanntgabe an den Beschwerdeführer; wird dabei dem Beschwerdeführer eine Abschrift der Entscheidung in vollständiger Form nicht erteilt, so wird die vorbenannte Frist dadurch unterbrochen, dass der Beschwerdeführer schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle die Erteilung einer in vollständiger Form abgefassten Entscheidung beantragt. Die Unterbrechung dauert fort, bis die Entscheidung in vollständiger Form dem Beschwerdeführer von dem Gericht erteilt oder von Amts wegen oder von einem an dem Verfahren Beteiligten zugestellt wird.

War ein Beschwerdeführer ausnahmsweise ohne eigenes Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf seinen Antrag hin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Doch auch dieser Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag in jedem Falle unzulässig. Das Verschulden eines Bevollmächtigten steht dabei im Übrigen dem Verschulden eines Beschwerdeführers gleich.

Diese Fristen sind Ausschlussfristen. Zu beachten ist, dass mit der Beschwerdeerhebung auch die vollständige Begründung der Beschwerde fristwahrend eingereicht werden. Eine bloß fristwahrende Beschwerdeeinlegung ohne Begründung führt zur Abweisung, das Nachreichen der Begründung nach Fristablauf ist nicht möglich.

Daher ist in jedem Fall Eile geboten. Soll binnen Monatsfrist Verfassungsbeschwerde gegen eine letztinstanzliche Entscheidung eingelegt werden, so ist es von erheblicher Bedeutung einem bevollmächtigten Rechtsanwalt auch schnellstmöglich alle notwendigen Unterlagen zukommen zu lassen. Sind die Unterlagen unvollständig, kann dies die Erfolgsaussichten der Beschwerdebegründung ganz erheblich gefährden.

Beschwerdevortrag und Voraussetzungen

In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen. Die Begründung der Beschwerde sollte allerdings auch im Übrigen die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Verfassungsbeschwerde darlegen und die behauptete Verletzung hinreichend substantiieren.

Annahme zur Entscheidung

Die Verfassungsbeschwerde bedarf nach § 93a Abs. 1 BVerfGG zunächst der Annahme zur Entscheidung. Sie ist nach Absatz 2 nur dann zur Entscheidung anzunehmen,

  1. a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
  2. b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

Das Vorliegen der Annahmevoraussetzungen sollte hinreichend geprüft und substantiiert dargelegt werden, um die sehr häufig vorkommende Nichtannahmehürde erfolgreich zu nehmen.

Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde kann durch einstimmigen Beschluss der aus drei Richtern bestehenden Kammer erfolgen. Die Entscheidung kann a limine erfolgen. D.h. durch Beschluss, ohne vorherige mündliche Verhandlung und ohne Beweisaufnahme. Der Beschluss bedarf keiner Begründung und ist nicht anfechtbar (vgl. § 93d Abs. 1 BVerfGG). In der Praxis scheitert der Großteil aller eingelegten Verfassungsbeschwerden (mehr als 90 %) bereits an dieser Hürde.

Lesen Sie weiter zu den Zulässigkeitsanforderungen, Begründetheitsanforderungen etc. unter „Der Gang nach Karlsruhe“ – Leitfaden Verfassungsbeschwerde (Teil 3).


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