Franchising in Frankreich – Franchisegeber aufgepasst!

  • 5 Minuten Lesezeit

Auch jenseits des Rheins ist das Vertriebskonzept des Franchising nicht mehr wegzudenken. Die Statistiken der „fédération francaise de la franchise“, dem französischen Pendant des Deutschen Franchise-Verbandes, belegen, dass sich Franchising in Frankreich durch alle Wirtschaftszweige zieht und sich das Franchising in Frankreich als Wachstumsmarkt erweist. Nach den erhobenen Zahlen der „fédération francaise de la franchise“ waren im Jahr 2003 in Frankreich 765 Franchise-Systeme mit 34.745 Franchise-Nehmer tätig. Der dabei erzielte Jahresumsatz lag bei 34,12 Milliarden Euro. Im Jahr 2015 hingegen wurden in Frankreich bereist insgesamt 1.834 Franchise-Systeme verzeichnet mit insgesamt 69.483 tätigen Franchise-Nehmern, bei einem Jahresumsatz von 53,38 Milliarden Euro.

Frankreich als Franchisevorbild?

Während hingegen das deutsche Gesetz das Franchise-Recht also solche nicht kennt und lediglich allgemeine Regelungen des Zivil- und Handels-, Gesellschafts- und Kartellrechts sowie obergerichtliche Rechtsprechung das Franchise-Recht prägen, ist in Frankreich das Vertriebskonzept des Franchising ausdrücklich gesetzlich kodifiziert. Der wohl größte Vorteil einer solchen gesetzlichen Regelung ist ein klar definierter rechtlicher Rahmen, welcher Rechte und Pflichten des Franchise-Gebers, als auch des Franchise-Nehmers absteckt. Divergierende Gerichtsurteile sind somit per se, anders als in Deutschland, ausgeschlossen.

Gesetzliche vorvertragliche Aufklärungspflicht des Franchisegebers in Frankreich

Zwar ist der Umfang der vorvertraglichen Aufklärungspflicht des Franchise-Gebers auch in Deutschland durch obergerichtliche Rechtsprechung mittlerweile weitestgehend geklärt, jedoch basiert die Verpflichtung zur vorvertraglichen Aufklärung in Deutschland auf dem Gedanken von Treu und Glauben und unterlag somit einer langen Entwicklung.

In Frankreich hingegen legt das Gesetz klar fest, welche Informationen der Franchise-Geber potenziellen Franchise-Nehmern vor der Unterzeichnung des Franchise-Vertrages bereitstellen muss.

So sieht Art. L. 330- 3 und R. 330- 1 des frz. „code de commerce“ (Handelsgesetzbuch) folgende Regelungen vor:

„Toute personne qui met à la disposition d'une autre personne un nom commercial, une marque ou une enseigne, en exigeant d'elle un engagement d'exclusivité ou de quasi-exclusivité pour l'exercice de son activité, est tenue, préalablement à la signature de tout contrat conclu dans l'intérêt commun des deux parties, de fournir à l'autre partie un document donnant des informations sincères, qui lui permette de s'engager en connaissance de cause.

Ce document, dont le contenu est fixé par décret, précise notamment, l'ancienneté et l'expérience de l'entreprise, l'état et les perspectives de développement du marché concerné, l'importance du réseau d'exploitants, la durée, les conditions de renouvellement, de résiliation et de cession du contrat ainsi que le champ des exclusivités.

Lorsque le versement d'une somme est exigé préalablement à la signature du contrat mentionné ci-dessus, notamment pour obtenir la réservation d'une zone, les prestations assurées en contrepartie de cette somme sont précisées par écrit, ainsi que les obligations réciproques des parties en cas de dédit.

Le document prévu au premier alinéa ainsi que le projet de contrat sont communiqués vingt jours minimum avant la signature du contrat, ou, le cas échéant, avant le versement de la somme mentionnée à l'alinéa précédent.“

Mithin sieht das französische Handelsgesetzbuch ausweislich der vorstehenden Regelung vor, dass der Franchise-Geber verpflichtet ist, den potentiellen Franchise-Nehmer über die örtliche Marktsituation mindestens 20 Tage vor der Unterzeichnung des Franchise-Vertrages aufzuklären. Die Aufklärung muss durch Übergabe eines sog. vorvertraglichen Informationsdokumentes erfolgen, aus welchem der potentielle Franchise-Nehmer folgende Informationen entnehmen kann:

  • Informationen über die allgemeine und örtliche Situation des Produkt- oder Dienstleistungsmarktes
  • Entwicklungsperspektiven dieses örtlichen Marktes

Zwar hat auch die deutsche obergerichtliche Rechtsprechung klare Leitsätze zur vorvertraglichen Aufklärungspflicht deutscher Franchise-Geber festgelegt die der Deutsche Franchise-Verband in seinen Richtlinien teilweise konkretisiert hat, jedoch umfasst die deutsche vorvertragliche Aufklärungspflicht keine Informationspflicht des Franchise-Gebers betreffend die örtliche Marktsituation, so dass hier ein wesentliche Unterschied zwischen den französischen und den deutschen Vorgaben zu erkennen ist. Kommt es zu einer Verletzung dieser Informationspflicht durch den Franchise-Geber, sei es durch unterlassener Informationsweitergabe, bzw. durch Falschangabe, so ist der französische Franchise-Geber unter Umständen gegenüber dem Franchise-Nehmer schadensersatzpflichtig. Darüber hinaus kann der bereits geschlossenen Franchise-Vertrag durch den betroffenen Franchise-Nehmer angefochten werden.

Eigene Kenntnisse der örtlichen Marktsituation des Franchise-Nehmers – na und?

Fraglich ist, inwiefern eigene örtliche Kenntnisse des Franchise-Nehmers zu bewerten sind und ob diese die vorvertragliche Aufklärungspflicht des Franchise-Gebers unter Umständen einschränken können. Über diese Frage hatte zuletzt der französische Kassationshof Anfang 2016 zu entscheiden. In allen anhängigen Fällen hatte der Kassationshof gerichtliche Entscheidung des Berufungsgericht Paris dahingehend zu überprüfen, ob eine Informationspflichtverletzung der Franchise-Geber hinsichtlich der ihnen obliegenden Aufklärungspflicht betreffend die örtliche Marktsituation erfolgt sei. Im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung war vor allem die zentrale Frage zu beurteilen, inwiefern sich eigene Marktstudien der jeweiligen Franchise-Nehmer sowie eigene Kenntnisse und Erfahrungen, betreffend die örtliche Marktsituation, auf die Frage der Pflichtverletzung auswirken.

Das Kassationsgericht kam letztlich zu der Entscheidung, dass etwaige Kenntnisse der örtlichen Marktsituation der jeweiligen Franchise-Nehmer nicht per se die vorvertragliche Aufklärungspflicht des Franchise-Gebers reduziere. Vielmehr sei dies stets eine Einzelfallentscheidung und entziehe sich daher einer starren Bewertung. Bei der Beurteilung sei nach Ansicht des Kassationsgerichtsvor allem die beruflichen Erfahrung der Franchise-Nehmer zu beleuchten und ob diese auch Rückschlüsse auf Kenntnisse der örtlichen Marktsituation beinhalte, mit der Folge, dass eine Reduzierung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht des Franchise-Gebers nur dann anzunehmen ist, wenn die berufliche Erfahrung des Franchise-Nehmers von einem gewissen Gewicht ist.

Fazit

Anders als im deutschen Recht hält das französische Recht konkrete gesetzlich normierte Regelungen bereit, die die vorvertragliche Aufklärungspflicht von französischen Franchise-Gebern vorgeben. Insbesondere sind diese, entgegen deutscher Franchise-Geber, dazu verpflichtet ein vorvertragliches Informationsdokument mit einer gewissen Vorlaufzeit (20 Tage) an den potentiellen Franchise-Nehmer zu übergeben. Überdies ist der französische Franchise-Geber verpflichtet den potentiellen Franchise-Nehmer über die örtliche Marktsituation aufzuklären. Kommt er diesen Verpflichtungen nicht nach, macht er sich schadensersatzpflichtig. Fraglich ist in diesem Zusammenhang vor allem, inwiefern der Franchise-Geber seine ihm obliegende Pflicht, den Franchise-Nehmer über die örtliche Marktsituation aufzuklären, bei Pilotprojekten gerecht werden kann.

Für alle Fragen rund um das Thema „Franchising in Frankreich“ steht Ihnen Rechtsanwalt Fabian Bagusche LL.M. (Köln/ Paris 1) gern zur Verfügung.



Artikel teilen:


Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Fabian Bagusche LL.M.

Beiträge zum Thema