Knast wegen Impfpflicht?

  • 5 Minuten Lesezeit

Aktuell gibt es kaum ein Thema, das so kontrovers diskutiert wird: Die Impfpflicht gegen das Corona-Virus. Für Mitarbeiter im Pflegebereich und im Krankenhaus gilt seit einigen Wochen in Deutschland die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Unsere Nachbarn aus Österreich haben eine allgemeine Impfpflicht ab Februar 2022 angekündigt. Sollte man sich als Österreicher dann nicht impfen lassen, so werden Bußgelder bis zu 7.200€ fällig. Das ist eine ganz schön ordentliche Summe, die nicht jeder einfach mal so auf der Seite hat. Sollte eine allgemeine Impfpflicht in Deutschland folgen und man bezahlt das Bußgeld nicht, so kann sogar Haft drohen. Da kann man sich natürlich die Frage stellen, ob man der Bußgeldpflicht nicht vielleicht durch eine Insolvenz entkommen kann. 


1. Bußgeldbescheid

Zuerst wird Ihnen ein Bußgeldbescheid zugestellt. In diesem wird beschrieben, welche Ordnungswidrigkeit Sie begangen haben und wie hoch das Bußgeld ist. Ab der Zustellung haben Sie 14 Tage Zeit, Einspruch gegen den Bescheid einzulegen. Sind diese 14 Tage abgelaufen, so wird der Bußgeldbescheid rechtskräftig. Das bedeutet, dass Sie nun gegen das Bußgeld keinen Einspruch mehr einlegen können und es bezahlen müssen. Hierfür haben Sie weitere 14 Tage Zeit.


2. Mahnung

Sollten Sie nach den besagten 14 Tagen das Bußgeld nicht bezahlt haben, so flattert nach ca. sechs Wochen eine Mahnung ins Haus. Sie dient als Zahlungserinnerung. Jedoch wird eine Mahngebühr in Höhe von 5 Euro fällig, die Sie zusätzlich zu dem Bußgeld bezahlen müssen.


3. Vollstreckungsbescheid

Sollten Sie auch auf diese Mahnung nicht reagieren, wird das Verfahren an die zuständige Vollstreckungsbehörde weitergeleitet. Sie werden dann einen Vollstreckungsbescheid erhalten, welcher die Zwangsvollstreckung gegen Sie ermöglicht.


4. Zwangsvollstreckung

Die tatsächliche Vollstreckung wird entweder von einem Gerichtsvollzieher oder einem Vollstreckungsbeamten des Finanzamts durchgeführt. Grundsätzlich steht zur Zwangsvollstreckung der ganze Katalog an Vollstreckungsmaßnahmen zur Verfügung: Lohn-, Konto- oder Sachpfändung

Wenn der Gerichtsvollzieher mit der Pfändung keinen Erfolg haben sollte, so wird er Ihre Zahlungsfähigkeit überprüfen. Sollte sich herausstellen, dass Sie finanziell zur Zahlung des Bußgeldes nicht in der Lage sind, wird die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung von Ihnen verlangt. Sie müssen „versprechen“, dass Sie finanziell nicht in der Lage sind, das Bußgeld zu bezahlen und diese Zahlungsunfähigkeit nicht nur vortäuschen. Wenn sich später herausstellen sollte, dass Sie tatsächlich die Möglichkeit zur Bezahlung hatten, so wird durch die eidesstattliche Erklärung der Straftatbestand des § 156 Strafgesetzbuch erfüllt. Durch die eidesstattliche Erklärung wird das Bußgeld erlassen.

Findet der Gerichtsvollzieher aber heraus, dass Sie rein finanziell sehr wohl in der Lage sind, das Bußgeld zu bezahlen und Sie sich aber weigern, es zu bezahlen, so kann eine Erzwingungshaft angeordnet werden. Nach § 96 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) müssen Sie dann bis zu drei Monate ins Gefängnis. Die Haft kann aber durch die Bezahlung des offenen Betrages frühzeitig beendet werden, eine Verlängerung über drei Monate hinaus ist nicht möglich.


5. Langzeitfolgen

Durch die Haft wird aber keinesfalls das Bußgeld einfach erlassen. Die Haft soll lediglich einen gewissen Druck auf Sie ausüben, um Sie zur Zahlung zu bewegen. Wenn Sie dann wieder auf freiem Fuß sind, besteht die Forderung nach wie vor und Sie sind immer noch zur Zahlung verpflichtet. Es gibt aber eine gute Nachricht: Sie können nicht wegen demselben Bußgeld erneut hinter Gitter kommen.



Gut zu wissen: Immer wieder kursieren Gerüchte, dass ein Bußgeld ab einer bestimmten Höhe in das „Vorstrafenregister“ eingetragen wird. Das stimmt so allerdings nicht: Bußgelder – egal welcher Höhe – werden nicht in das Bundeszentralregister (umgangssprachlich „Vorstrafenregister“) aufgenommen. Selbst wenn Sie in Erzwingungshaft müssen, wird dies nicht vermerkt. Der Grund: Es handelt sich selbst bei der Erzwingungshaft nicht um eine Strafe oder Ersatzhaft im strafrechtlichen Sinne. Sie sollen vielmehr zur Zahlung animiert werden.



Insolvenz als Schlupfloch?

Wenn man eh schon knapp bei Kasse ist und dann noch ein saftiger Bußgeldbescheid reinkommt, ist die Hürde zur Insolvenzanmeldung vergleichsweise gering. Man könnte denken, dass durch die Insolvenz ja alle Schulden, also auch die Bußgeldforderung, durch die Restschuldbefreiung erlassen wird.


Kein Erlass von Bußgeldern oder Strafen

Da haben Sie sich aber getäuscht: Zwar werden durch die Restschuldbefreiung am Ende des Insolvenzverfahrens grundsätzlich alle Schulden erlassen. Hiervon gibt es allerdings Ausnahmen, welche in § 302 Insolvenzordnung (InsO) aufgelistet sind. Und wer ganz genau hinschaut, wird sehen, dass Bußgelder oder Geldstrafen von der Restschuldbefreiung nicht umfasst sind. Eine Insolvenz hilft also nicht gegen das lästige Bußgeld.


Vollstreckungsverbot

Doch einen „Vorteil“ mag es geben: Durch die Insolvenz darf die Behörde keine Vollstreckung mehr betreiben, es herrscht ein sog. Vollstreckungsverbot. Nach der Eröffnung der Insolvenz ist also keine Pfändung oder gar eine Erzwingungshaft wegen des Bußgeldes mehr möglich. Dies gilt aber nur, wenn das Bußgeld vor Eröffnung der Insolvenz entstanden ist.


Keine langfristige Lösung

Langfristig ist die Insolvenz aber wirklich keine Lösung: Zum einen unterliegt man drei Jahren den Einschränkungen der Wohlverhaltensphase. Zudem ist nach der Insolvenz eine Zwangsvollstreckung wegen des Bußgeldes problemlos möglich. Sie können die Folgen einer Zahlungsverweigerung also maximal hinauszögern, aber keinesfalls langfristig verhindern.


Verjährung

Wenn es um Bußgelder geht, dann ist die Verjährung nie weit weg. Man könnte nun auf den Gedanken kommen, dass die Vollstreckung des Bußgeldes nach einer gewissen Zeit verjährt und anschließend nicht mehr betrieben werden darf. In der Tat tritt die sogenannte Vollstreckungsverjährung gemäß § 34 OWiG nach drei bis fünf Jahren - abhängig von der Höhe des Bußgeldes - ein. Dass so ein Insolvenzverfahren drei Jahre dauert, scheint ja dann ganz praktisch zu sein. Doch so einfach ist das leider nicht: Gemäß § 34 OWiG ruht die Verjährung, wenn ein gesetzliches Vollstreckungshindernis vorliegt. Und ganz zufällig herrscht während dem Insolvenzverfahren das Vollstreckungsverbot nach § 89 InsO. 


Nun muss man abwarten, wie sich die rechtliche Lage bezüglich einer allgemeinen Impfpflicht entwickelt und ob sich das Bundesverfassungsgericht hierzu äußern wird. Sie sind nun auf jeden Fall bestens informiert, wie Sie mit jeglicher Situation umgehen.


Schulden verschwinden nicht von alleine!

Falls Sie Schulden haben oder überschuldet sind, dann stecken Sie den Kopf nicht in den Sand. Wir von der Kanzlei Schmidt sind auf Insolvenzrecht spezialisiert und können Sie umfassend auf dem Weg zur Schuldenfreiheit unterstützen und Ihnen behilflich sein. Bitte zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.

Foto(s): ©sharryfoto - stock.adobe.com; ©Stockfotos-MG - stock.adobe.com


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Rüdiger Schmidt

Beiträge zum Thema