LVerfG Schleswig-Holstein zu Übergangsregelungen für Windenergieplanung

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Das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht hat mit einem Beschluss vom 17. Juni 2016 (LVerfG 3/15, LVerfG 1/16) die Verfassungsbeschwerde einer im Landkreis Dithmarschen gelegenen Gemeinde abgewiesen, die durch die Übergangsregelungen zur Windenergieplanung in Schleswig-Holstein nach den §§ 18 Abs. 2, 3, 18a LaplaG ihr Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 54 Abs. 1 Landesverfassung-SH, Art. 28 Abs. 2, 3 GG) als verletzt ansah. Gleichzeitig griff sie den Runderlass der Landesplanungsbehörde vom 23. Juni 2015 an, in dem Vorgaben zur Anwendung der Neuregelungen getroffen sind.

Die Kommune beabsichtigte im Rahmen ihrer Bauleitplanung, eine Erweiterung eines bestehenden Windparks vorzubereiten und sah sich durch die – aufgrund der vom Schleswig-Holsteinischen OVG im Jahr 2015 festgestellten Unwirksamkeit der bisherigen Regionalplanung geschaffenen – Übergangsregelungen zur Verhinderung eines „Wildwuchses“ beim Windenergieausbau nach dem Landesplanungsgesetz gehindert, im Rahmen ihrer Selbstverwaltungshoheit weitere Flächen auszuweisen.

Mit dem Windenergieplanungssicherheitsgesetz (WEPSG) hatte das Land zum 05.06.2015 u.a. den § 18a LaplaG eingeführt. Nach § 18a Abs. 1 Satz 2 LaplaG sind zur Sicherung der Neuaufstellung der Landesplanung zur räumlichen Steuerung der Errichtung von raumbedeutsamen Windkraftanlagen vorläufig bis zum 5. Juni 2017 raumbedeutsame Windkraftanlagen im gesamten Landesgebiet unzulässig und nur im Ausnahmefall nach § 18a Abs. 2 LaplaG genehmigungsfähig. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift wurde in der Fachliteratur angezweifelt. 

Im Rahmen der kommunalen Konzentrationsflächenplanung besteht durch die Regelungen des § 18a LaplaG zurzeit grundsätzlich die Gefahr, dass die gemeindliche und die landesplanerische Flächenfindung zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen (z. B. indem die Tabu- und Abwägungskriterien nicht einheitlich angewendet werden), woraus die Landesregierung auf ihrer Informationsseite zur Windenergieplanung auch ausdrücklich hinweist. Sie empfiehlt den Gemeinden daher auch, eine bereits begonnene Bauleitplanung nicht vor Teilaufstellung der Regionalpläne weiterzuführen. So erscheint eine Überplanung einzelner Flächen nur dann sinnvoll, wenn auch eine Ausnahmeerteilung nach § 18a LaplaG möglich erscheint. Faktisch sind der gemeindlichen Planung demnach enge Grenzen gesetzt. Nach der Darstellung der Landesregierung muss davon ausgegangen werden, dass Flächennutzungspläne, die während des Moratoriums beim Innenministerium zur Genehmigung eingereicht werden, hinsichtlich der Frage der Ausnahmezulassung in aller Regel zurückgestellt werden. Zudem kann auch nach Ablauf des Moratoriums die Genehmigung eines Bauleitplans nach § 14 Abs. 2 des Raumordnungsgesetz noch befristet untersagt werden, wenn zu befürchten ist, dass die Planung oder Maßnahme die Verwirklichung der vorgesehenen Ziele der Raumordnung unmöglich machen oder wesentlich erschweren würde. Die Dauer der Untersagung beträgt bis zu zwei Jahre. Zudem müssen vorhandene Bauleitpläne nachträglich mit neu erlassenen Raumordnungsplänen in Einklang gebracht werden. 

Das Landesverfassungsgericht verneinte in seiner Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde nun bereits eine Klagebefugnis der Gemeinde, da dem Darlegungserfordernis für die Möglichkeit einer Rechtsverletzung nicht ausreichend Rechnung getragen worden sei. Es handle sich bei den angegriffenen Regelungen zudem auch um keine planungsrechtlichen Regelungen, sodass eine Verletzung der von der landesverfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltung umfassten Planungshoheit schon nicht möglich sei. Vielmehr betreffe § 18a LaplaG ausschließlich das Genehmigungsverfahren (vgl. Rz. 32). Insofern verwarf es auch die in der Literatur geäußerten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift. Der ebenfalls angegriffene Runderlass sei als solcher zudem nicht statthafter Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde.

Damit gelten die Übergangsregelungen weiterhin, bis eine neue Landesplanung für Windenergie vorliegt oder das Moratorium abgelaufen ist. Raumbedeutsame Windkraftanlagen sind daher im gesamten Landesgebiet weiterhin unzulässig, wenn nicht eine Ausnahme nach § 18a Abs. 2 LaplaG von der Landesplanungsbehörde zugelassen wird. Danach kann die Landesplanungsbehörde allgemein für räumlich abgegrenzte Gebiete des Planungsraums oder im Einzelfall gegenüber den in § 4 ROG genannten öffentlichen Stellen Ausnahmen von der Unzulässigkeit nach Absatz 1 zulassen (d.h. es besteht ein Ermessensspielraum der Landesplanungsbehörde), wenn und soweit raumbedeutsame Windkraftanlagen nach dem jeweiligen Stand der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung nicht befürchten lassen, dass sie die Verwirklichung dieser Ziele unmöglich machen oder wesentlich erschweren. Das mit dem Windenergieplanungssicherheitsgesetz (WEPSG) ins Landesplanungsgesetz eingefügte Moratorium hat eine Geltung bis 5. Juni 2017. Bis dahin soll eine rechtssichere neue Landesplanung abgeschlossen sein. Ein Kabinettsbeschluss soll im Juli 2016 erfolgen. Daran anknüpfend soll die Öffentlichkeit beteiligt werden.



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